Wenn der Titel Need for Speed fällt, dann handelt es sich dabei nicht nur um einen gelungenen Reim in Bezug auf Bleifuß-Fanatiker, sondern vielmehr um eine, mal mehr und mal weniger, gelungene Rennserie. Aktuell hat diese mit dem Next-Gen-Ableger Shift einen gelungenen Neuanfang hingelegt. Die Wii wird ebenfalls mit einem eigenen Teil mit dem Titel Nitro ausgestattet. Mal schauen, ob EA auch hier Boden gut machen kann oder abseits der Strecke im Reifenstapel landet.
Neue Strategie
Schaut man sich die
Need for Speed-Vorgänger für Nintendo-Konsolen kurz an, dann merkt man schnell, dass es sich hierbei meist um lieblose Konvertierungen handelt. Rasenmäher mit Lamborghini- oder Volkswagen-Logo rasen hier in einer tristen Umgebung und mieser Grafik um die Wette.
Bereits die ersten Spielminuten von
Need for Speed Nitro verraten viel über die Neuausrichtung. Mit großen Spoilern und überzogenen Fahrzeugmodellen, die fast an den Comic-Look mancher Fun-Racer erinnern, widmet man sich jetzt wohl den Casual Gamern. So verabschiedet sich EA von der offen befahrbaren Spielwelt und hängt einfach die Renn-Events aneinander. Leider verschwinden damit auch die gelungenen Zwischensequenzen wie man sie in einem
Most Wanted oder
Carbon findet. Stattdessen fokussieren wir uns gleich auf die Jagd nach Bronze, Silber und natürlich Gold.
Need for Speed geht auf PS3 und Xbox 360 den realistischen Weg, während man auf der Wii die Arcade-Fans bedient.
Mehr FIFA Street als NfS Underground
Aber auch wenn nur die Autos und keine Schauspieler im Vordergrund stehen, ist die Präsentation mehr als gelungen. Die Optik und auch das Intro erinnern stark an das seelige
Jet Set Radio auf dem Dreamcast, denn wem macht es nicht Spaß zuzusehen, wie ein Highspeed-Bolide durch sämtliche Polizeisperren bricht und dabei die ganze Stadt mit Graffities eindeckt. Natürlich ist unser Lamborghini auch über und über mit Tribals und Auklebern bedeckt. Was an echten Autos verstörend wirkt, sieht bei
Need for Speed Nitro widerrum zusammen mit der Optik des Spiels stimmig aus.
Auch die verschiedenen Locations der Rennevents rund um den Globus wurden interessant dargestellt. Besonders die Einführungen sind immer für einen Lacher gut. So wirft der Scheich in Dubai wortwörtlich mit Geld um sich und in Rio muss der Nr.1-Fahrer natürlich mit seiner Sandale balancieren, als wäre sie ein Fußball. Hier kommt der Charme von
FIFA Street auf.
Keine Wünsche bleiben offen
Bei der Modi-Auswahl ist alles dabei, was der
NFS-Fan so kennt. Von Elimination bis hin zur klassischen Time Attack über dem Drag Race oder dem Radarfallen-Rennen bleiben keine Wünsche offen. Auch in Sachen Menüstruktur ist es EA Montreal perfekt gelungen, das Spiel an die Bedürfnisse der Wii anzupassen. Das macht sich besonders im gigantischen Car-Editor bemerkbar. Denn hier kann man mit wenigen Zügen sein Auto nach wirklich allen Regeln der Kunst individualisieren. Leider kann man aber seine Kreationen nicht zum Tausch mit Freunden anbieten. Besonders in Verbindung mit den Online-Funktionen hätte das ein paar Punkte mehr Spielspaß garantiert.
Drift-Modus contra Ideallinie
Und genauso aufregend wie die Autos am Ende eurer Styling-Orgie aussehen, so spielen sie sich auch. Egal ob man per Wii-Mote oder dem Classic Controller versucht, der Sache Herr zu werden, sie sprechen extrem agil an und bleiben das auch bei höheren Geschwindigkeiten. Auch das Driften wurde für Casual Gamer vereinfacht. Soll heißen, wenn ihr am Kurven schneiden seid, merkt man, dass das Auto in eine Art Ideallinie-Modus schaltet, den man nach Kurvenausgang wieder verlässt. Soll für das kleine Raservergnügen nicht stören, aber ist man gewöhnt sich mit einem Rennspiel solange zu beschäftigen bis man überall den idealen Bremspunkt gefunden hat, dann ist man auf einen Zug unterfordert. Weiter kommt hinz, dass der Drift-Modus im Renngeschehen etwas zu spät abschaltet, weswegen sich der Rennspielfanatiker ärgert, dass er nicht rechtzeitig aus dem idealen Kurvenausgangspunkt heraus beschleunigen kann. Aber das ist sowieso egal, denn der auch namensgebende Nitro-Boost befördert uns trotz des angesprochenen Verbremsers schnell an die Spitze des Felds. Und dabei sollte es uns auch nicht wundern, dass wir im Rennen um Platz 1 einen schweren Hummer oder einen schwach motorisierten VW Bus überholen müssen.
Verbesserung
Das Spielen mit
Need for Speed Nitro hat mir richtig Spaß gemacht. Nimmt man alles als eine Comic-Fassung von
Burnout, dann macht auch das dauerhafte Vollgasfahren mit Nitro Sinn und man kann sich jenseits des guten Geschmacks mit Spraydose und Decals an der Fahrzeugindividualisierung austoben. Dabei ist positiv zu sehen, dass die Framerate immer konstant bei ungefähr 60 bleibt und die Fahrzeuge diesmal sogar unterschiedlich und nicht nach VW-Rasenmähern klingen. Und wer sich daran stört, dass es weder Stoßstangen- noch Cockpit-Perspektive gibt, der ist definitiv besser bei
»Need for Speed Shift aufgehoben.