Als 2007 das unabhängige Entwicklerstudio Valve den Knobelshooter Portal veröffentlichte, jubelten die Videospieler und die Fachpresse schnalzte mit der Zunge. Seit dem Release des Originals ist einige Zeit vergangen. Mittlerweile können diesen Meilenstein aber auch die Konsolenspieler im Rahmen der »Orange Box käuflich erwerben. Der Wunsch nach einem Nachfolger jedoch blieb erhalten. Erst 2011 folgte Valve diesem Ruf und bringt endlich Portal 2 in die Läden. Wir haben den potentiellen Hit auf Herz und Nieren geprüft und verraten euch, ob das Spiel dem Hype auch gerecht werden kann.
Als Valve auf der E3 bekanntgab, dass schon fleißig an einem
Portal 2 gewerkelt wird, zeigte sich die Fangemeinde der Videospieler überrascht. Nicht unbedingt ob der Ankündigung des Titels, sondern vielmehr aufgrund der Art und Weise, wie Valve Chef Gabe Newell diese kundtat. Ausgerechnet auf der Bühne von Sony präsentierte er die ersten Szenen von
Portal 2. Zur Erinnerung: bis zuletzt hatte Valve die Entwicklung von Spielen für die Playstation3 immer abgelehnt, die Konstruktion der Hardware sei zu kompliziert zu programmieren. Titel wie
»Left 4 Dead erschienen nicht auf der Sony-Konsole, während die
Orange Box recht lieblos von einem anderen Studio portiert wurde. Die Vorzeichen haben sich verändert. Sony öffnet seine Konsole für Valves Vertriebsplattform Steam und ermöglicht es so, dass PC- und PS3 Spieler gemeinsam ihre Runden durch die SciFi-Welt drehen können. Netterweise legt Valve jedem PS3-Spiel gleich einen Steam-Code bei, mit dem man sich auch die PC-Variante herunterladen kann. Xbox360-User zocken lediglich unter ihresgleichen. Somit werden Sonyjünger erstmals sogar von Valve begünstigt. Selbstverständlich steht die PS3-Fassung diesmal der 360-Version auch technisch in nichts nach.
GLaDOS returns
Die sarkastische Computerstimme GLaDOS dürfte wohl als eine der interessantesten Oberbösewichter in die Videospielgeschichte eingehen. Natürlich spielen die Computerdame und die Testräume von Aperture Science auch in
Portal 2 eine große Rolle. Die Geschehnisse werden eine unbestimmt Zeit nach dem Erstlingswerk wieder aufgenommen. Die Hauptfigur Chell erwacht nach einem längeren Nickerchen in einem Hotelzimmer aus dem Tiefschlaf. Der Schein trügt allerdings ein wenig. Denn schon wenige Minuten später stellt sich heraus, dass sich Chell in den Testlaboren von Aperture Science befindet. Dort bricht gerade die Hölle los. Eilig werdet ihr vom drolligen Wartungsroboter Wheatley geweckt, der euch fortan mit Rat und flapsigen Kommentaren durch das Spiel begleitet.
Der kleine Roboter erweist sich dabei als der heimliche Star des Spiels. Immer wieder mischt sich der süße Robo-Tollpatsch in den Verlauf ein und trumpft mit seinen witzigen Sprüchen auf. Wheatley ist einer der besten Sidekicks der letzten Zeit, der zudem auch prominent synchronisiert wurde. Überhaupt ist die Synchronisation sehr gut gelungen und gibt sich keine Blöße. Wer dennoch nicht auf die Originalstimmen verzichten möchte, darf jedoch auch auf die englische Sprachspur zurückgreifen.
Die große Welt von Aperture Science
Ein großer Teil des Spiels läuft in den Räumen von Aperture Science ab, allerdings wird es im späteren Verlauf auch Areale geben, die sich außerhalb der Testlabore befinden. Entsprechend hat Valve auch am Umfang des Spiels geschraubt. War der erste Teil noch innerhalb kürzester Zeit absolviert, benötigt der Spieler für
Portal 2 sicherlich 8-9 Stunden Spielzeit, je nachdem wie lange er sich von den knackigen Rätseln aufhalten lässt.
Diese stellen nämlich – wie nicht anders zu erwarten – erneut den Kern des Spiels dar. Dass es sich bei der
Portal-Reihe nicht um eine Egoshooter-Serie handelt, dürfte sich wohl schon herumgesprochen werden. Gemein mit Spielen dieser Art hat
Portal 2 jedoch die Ansicht. Der Spieler betrachtet das Geschehen unmittelbar durch die Augen der Hauptfigur Chell. Eine (Portal-) Kanone hat der Spieler auch zur Hand, damit erschöpfen sich die Parallelen zu Egoshootern aber auch schon weitgehend. Denn in
Portal 2 sind weniger Reaktionsvermögen oder Geschicklichkeit gefragt, sondern vielmehr euer Gehirnschmalz. Die Passagen, die ihr durch schlechtes Timing vermasseln könnt, lassen sich an einer Hand abzählen.
Fordernd ist vielmehr der Einsatz der unterschiedlichen Gimmicks, die Chell im Laufe des Spiels findet. Hervorzuheben ist dabei natürlich die altbekannte Portal-Gun, die elementarer Bestandteil von
Portal 2 ist. Mit der Portal-Gun ist es Chell möglich, Portale in Wände zu schießen und durch diese hindurchzuschlüpfen. Ein- und Ausgang werden zur besseren Orientierung dabei farblich blau und orange markiert. Die Portal-Gun wird natürlich auch zum Lösen der zahlreichen Rätsel häufig benötigt. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben steigt dabei recht moderat an. Reicht es zu Beginn des Spiels noch aus, eine Kiste auf einem Bodenkontakt zu platzieren, wird euren Gehirnknoten später alles abverlangt. Auch die Zahl der verfügbaren Items nimmt sukzessive zu. Glücklicherweise werden diese kleckerweise eingeführt, so ist der Spieler mit der großen Auswahl auch nicht direkt überfordert. Ein neues Spielelement stellen etwa die farblich unterschiedlichen Gele dar, die jeweils mit anderen Eigenschaften aufwarten. Die Gele erhöhen etwa eure Sprungkraft, was euch höher gelegene Ebenen erreichbaen lässt oder tragen zu eurer Beschleunigung bei. Erwähnenswert sind auch die Lichtbrücken, die euch so manche Abgründe überwinden lassen, aber auch anderweitig einsetzbar sind und sogar durch Portale hindurch aktiviert werden können. Wie ihr seht, sind die Möglichkeiten reichhaltig.
Geteilte Freude ist doppelte Freude
Etwas Experimentierfreudigkeit solltet ihr für
Portal 2 also schon mitbringen. Obwohl die Rätsel im Großen und Ganzen sehr fair sind, bleibt euch einiges Ausprobieren nicht erspart. Gerade in den teilweise recht großen Arealen müsst ihr so schon mal von einer Ecke zur anderen flitzen. Nicht selten wird es vorkommen, dass ihr wie ein Ochse vorm Berg steht und überhaupt keinen Schimmer habt, was ihr als nächstes machen müsst. Doch mit ein wenig Geduld und Einarbeitung lassen sich die meisten Rätsel wohl gut lösen. Über ein Hilfesystem – wie es viele aktuelle Spiele bieten – verfügt
Portal 2 jedoch nicht. Wer also wirklich mal total auf dem Schlauch steht, dem hilft nur ein Blick in die Komplettlösung.
Oder er zieht einen guten Kumpel mit vor den Bildschirm und beschäftigt sich erstmal mit dem neuen Coop-Modus. Dieser wartet mit einer anderen Story auf. Unter den ständigen Kommentaren von GLaDOS müssen die Spieler, die in die Rollen zweier Roboter schlüpfen, gemeinsame Aufgaben erledigen. Auch im Zweispielermodus werden die Spieler behutsam in die Materie eingeführt. Wie schon in der Solokampagne werden die unterschiedlichen Items Stück für Stück hinzugefügt. Der Fokus liegt in der Coop-Variante aber deutlich mehr auf dem Timing und der Zusammenarbeit. Die Rätsel lassen sich dann auch immer nur zu zweit lösen. Es ist also nicht möglich, dass ein Spieler alleine die ganze Arbeit verrichtet, während der andere nur zuschaut.
Wer in den Coop-Modus einsteigen möchte, der hat zunächst unterschiedliche Möglichkeiten. Attraktiv ist da natürlich der Splitscreen Modus, der zwei Spieler gemeinsam vor der Konsole antreten lässt. Das macht Spaß und erleichtert zudem die gemeinsame Absprache. Online geht es natürlich auch, wie erwähnt sogar mit PC-Usern. Dann ist allerdings die Benutzung eines Headsets sehr zu empfehlen. Es gibt zwar auch die Möglichkeit, sich mit dem anderen Spieler über Gesten zu verständigen, was einen Sprachchat aber natürlich nicht ersetzen kann. Für einen reibungslosen Ablauf sollte ein Headset also schon vorhanden sein.
Wo bleiben die Kritikpunkte?
Spricht man die Negativpunkte von
Portal 2 an, ist Jammern auf hohem Niveau angesagt. Das fehlende Hilfesystem wurde bereits oben angesprochen. Ungeduldige Naturen werden damit möglicherweise wenig Freude am Spiel haben. Gering ist allenfalls der Wiederspielwert von
Portal 2. Die Story bewegt sich auf durchweg hohem Niveau und wagt so manche interessante Wendung. Damit hat
Portal 2 jedoch das Problem, dass viele stark storybasierten Spiele haben: ein erneutes Durchspielen hat nur einen geringen Reiz.
Auf der technischen Seite kann man Valve ordentliche Arbeit bescheingen. Musikalische Untermalung wird nur sehr sporadisch eingesetzt. Die Grafik bringt unter dem Strich sehr gute Ergebnisse. Die Testlabore von Aperture Science wirken natürlich ein wenig steril, was aber wohl dem Umstand geschuldet ist, dass es sich eben um Testlabore handelt. Einige Texturen wirken bei Nahansicht ein wenig matschig. Dennoch lassen sich auch hier sonst keine großen Kritikpunkte finden.
Schade ist aber, dass es so wenig Hintergundinformationen zur Heldin Chell gibt. Diese wirkt insgesamt noch ein wenig profillos. Es macht fast den Anschein, als wären Figuren wie Wheatley oder GLaDOS die eigentlichen Stars des Spiels.