Während "Resident Evil" mit dem vierten Teil einen gänzlich neuen Weg eingeschlagen hat, versprachen die Entwickler von "Silent Hill: Homecoming" stets, dass man den Elementen der Reihe treu bleiben wollte. Die Vorzeichen, dass dies geschieht, könnten jedoch schlechter nicht sein: Nicht mehr Team Silent war für die Entwicklung verantwortlich, sondern das amerikanische Team Double Helix. Einzig der ehemalige Produzent und Komponist der Reihe, Akira Yamaoka, zeichnet sich auch hier wieder für den verstörenden Soundtrack verantwortlich. Und doch, auch der jüngste Teil folgt der Tradition der bisherigen "Silent Hill"-Spiele. Eines jedoch sollte jedem klar sein: Das hat nicht nur Vorteile. Wir zeigen euch beide Seiten der Medaille...
Home, sweet home
Alex Shepherd ist ein Kriegsveteran und damit kampferfahren. So unterscheidet er sich schonmal erheblich von anderen Protagonisten der "Silent Hill"-Reihe. Zu Beginn seines Abenteuers jedoch könnte er hilfloser nicht sein: Festgeschnallt auf einer Liege, wird er durch die Gänge eines sonderbaren Krankenhauses geschoben. Im Vorbeirauschen erkennt man bizarre Behandlungen in den Räumen, bevor man selber in einem Raum abgestellt wird. Mit Entsetzen muss Alex mit ansehen, wie der Mann, der ihn zuvor hierher gebracht hat, von einer Kreatur getötet wird. Durch Rütteln an den Fesseln gelingt ihm jedoch die Selbstbefreiung und er macht sich auf, seine Umgebung zu erforschen.
Dass dies nur der Auftakt seines ganz eigenen Albtraums ist, dürfte Fans der Reihe klar sein. Und das ist hier wörtlich zu verstehen, denn nach seiner Flucht erwacht Alex. Er ist auf dem Weg in seine alte Heimat, Shepherds Glen. Und dort, das wird ihm schnell nach seiner Ankunft bewusst, liegen die Dinge gewaltig im Argen. Viele Personen sind vermisst, unter anderem auch sein Bruder Joshua, den er kurz zuvor in seinem Albtraum noch gesehen hatte. Dichter Nebel umhüllt die fast menschenleere Stadt, die sich in verhängnisvoller Nähe zu einer anderen Ansiedlung namens Silent Hill befindet. Alex' erste Anlaufstelle ist sein altes Zuhause...
Nicht Silent Hill, und doch...
Auch wenn ein großer Teil des Spiels in Shepherds Glen stattfindet, müssen sich Fans der Reihe keine Sorgen machen: Die Stadt ist ähnlich neblig wie Silent Hill. Und im Laufe der Nachforschungen wird es Alex natürlich auch dorthin verschlagen, denn Shepherds Glen und Silent Hill sind, auf sehr unheilvolle Art und Weise eng miteinander verbunden.
Der größte Unterschied zwischen dem jüngsten und früheren Teilen der Reihe ist sicherlich, dass mit Alex ein kampferprobter Protagonist die Bühne betritt. Das spiegelt sich dann auch entsprechend im Kampfsystem wieder: Alex kann perfekt mit Waffen umgehen und beherrscht jede Menge Ausweichmanöver. Klingt im ersten Moment dynamisch, ist es in der Praxis aber leider nicht. Gerade am Anfang fehlt das Gespür für das richtige Timing beim Ausweichen. Da Alex immer erstmal eine Bewegung komplett beendet haben muss (quasi in Grundstellung zurückgekehrt sein muss), ist ein fliessender Kampfstil kaum möglich. Mit der Zeit bekommt ihr dafür zwar ein Gespür und steckt weniger Treffer ein, ärgerlich bleibt es trotzdem.
Technischer Stillstand
Als der Wechsel des Entwicklerteams hin zu einem amerikanischen Studio bekannt wurde, beruhigte man die Fans damit, dass man nichts an der Grundsubstanz der Reihe ändern wolle. Wie ernst es den Machern damit war, sieht man nicht nur am undynamischen Kampfsystem, auch der jüngste Ableger beinhaltet viele der Kritikpunkte früherer Teile. Da ist zunächst mal die Kameraführung zu bemängeln: Hat man in den Arealen noch freie Hand über die Kameraposition, muss man in den Endgegnerkämpfen mit einer automatischen Kamera vorlieb nehmen. Und die ist mitunter alles andere als hilfreich. Aber auch das Speichersystem scheint aus seeligen Zeiten zu stammen: Gespeichert wird an bestimmten Speicherpunkten, die recht rar gesät sind. Recht häufig liegen, gerade beim ersten Spielen, zwischen zwei Speicherpunkten 30 Minuten bis hin zu einer Stunde. Meist kann man glücklicherweise zu einem vorherigen Savepoint zurück, das geht aber nicht immer. Gerade nach Endgegnerkämpfen steht ihr erstmal ohne eine Speicherung da - zwar gibt es Rücksetzpunkte, doch schaltet ihr die Konsole aus, ohne an einem entsprechenden Ort gespeichert zu haben, dürft ihr den Endgegner noch einmal zu Fall bringen. Das Positive daran: Auf diese Weise wird ein gewisser Druck aufgebaut; eine Anspannung, die der des Protagonisten recht ähnlich ist.
Dazu trägt auch die Gesundheit von Alex bei. Denn selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad stehen euch nur wenige Heil-Items zur Verfügung, während die Monster recht schnell und stark austeilen. Besonders bei Kämpfen gegen mehrere Gegner kommt dann noch das undynamische Kampfsystem zum Tragen. Insgesamt betrachtet ist "Homecoming" damit zwar fordernd, aber niemals wirklich unfair.
Auch gibt es wieder einige (wenige) Rätsel zu lösen. So müsst ihr beispielsweise mal in einem Stromkasten den Saft wieder fließen lassen. Eine Elektriker-Ausbildung braucht ihr dazu jedoch nicht, dieses wie auch die anderen Rätsel sind recht leicht lösbar.
Die Mischung machts
Double Helix blieb der Tradition der Reihe somit treu, mit allen Vor- und Nachteilen. Einzig optisch wurde einiges getan. "Homecoming" sieht zwar bei weitem nicht so schön aus wie andere Titel, schafft aber eine sehr bedrückende Atmosphäre. Hierzu trägt vor allem das Monsterdesign bei, viele verschiedene Gegnertypen werdet ihr jedoch nicht antreffen. Bei den Animationen der menschlichen Charaktere hat man sich ebenfalls nicht gerade mit Ruhm bekleckert, diese wirken nach wie vor sehr ungelenk.
Und doch, "Homecoming" macht den recht verhalten aufgenommenen vierten Teil vergessen. Keine Neuerungen, keine Experimente, sondern "Silent Hill" wie man es kennt und schätzt. Für den nächsten Teil wäre eine Frischzellenkur unter Beibehaltung der Stärken jedoch wünschenswerter als falsch verstandene Treue zu den früheren Teilen.