Die Totalamnesie ist in der Bevölkerung ein eher recht seltenes Phänomen. Selbst mir, der im beruflichen Umfeld täglich mit psychisch kranken Menschen in Kontakt kommt, ist ein solcher Fall bisher nicht untergekommen. Videospielhelden jedoch scheinen dieser „Erkrankung“ ziemlich oft anheimzufallen. Geradezu epidemisch verlieren Spacemarines, Superhelden und weitere Protagonisten der Videospielwelt ihr Gedächtnis. Auch unser Alter Ego in Dementium – Die Anstalt kann sich nicht erinnern, wie er in diese nahezu ausweglose Situation geraten ist. Wir haben den Ego-Shooter für euch auf Herz und Nieren geprüft. Lest unseren Test und erfahrt, ob Dementium – Die Anstalt einen zweiten Blick wert ist oder ob ihr das Spiel lieber wieder „vergessen“ solltet.
Bislang hat sich Nintendos Handheld mit brauchbaren Ego Shootern nicht besonders hervorgetan. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Zum einen fällt es dem Gerät schwer, opulente Grafikelemente zu verarbeiten, an die wir uns im Genre schon so sehr gewöhnt haben. Zum anderen droht der kleine Bildschirm des DS die Atmosphäre doch erheblich zu beeinträchtigen. Gerade im Bereich des Survival Horrors ist es eigentlich kaum vorstellbar, die düstere und angsteinflößende Stimmung angemessen zu übertragen. Dennoch haben die Entwickler von Renegade Kid den Versuch gewagt und das DS-Portfolio um einen Ego-Shooter erweitert.
Dementium – Worum geht’s?
Die „Held-hat-das-Gedächtnis-verloren“-Story dürfte mittlerweile jedem Videospieler schon einmal untergekommen sein. Auf den ersten Blick ist der storytechnische Hintergrund eher nicht sonderlich originell. Einsam wacht ihr in einem heruntergekommenen Krankenhaus auf. Es ist Nacht, die Flure sind blutverschmiert. Das kümmerliche Licht lässt euch nur schemenhaft erkennen, was sich in der näheren Umgebung befindet. Soweit zeichnet sich
Dementium – Die Anstalt durch klassische Survival Horror Elemente aus. Schnell stellt sich heraus, dass das Spiel in Hinblick auf die Story gar nicht erst versucht, große Innovationen unterzubringen. Denn schon hinter der ersten Ecke erblickt ihr einen alten Bekannten: den gemeinen Zombie. Es wird nicht der Letzte bleiben.
Um die Dramaturgie zu steigern, arbeitet
Dementium mit sporadisch eingestreuten Cutscenes. Nicht lange müsst ihr das Krankenhaus durchstreifen, bis ein titanenhafter Fleischer eine wehrlose Frau hinter sich herzieht und praktisch vor euren Augen hinter der nächsten Tür verschwindet. Also macht ihr euch auf die Suche nach der Unbekannten und versucht, hinter das Geheimnis des Krankenhauses und eures amnestischen Zustands zu gelangen.
Leider ist die Geschichte von
Dementium der größte Schwachpunkt des Spiels. Zwar haben die Entwickler allerhand Klassiker aus dem Horror-Genre aufgefahren, bleiben dabei aber stets innovationsfrei. So bleibt die Story leider etwas dünn und wird vermutlich nicht in der bleibenden Erinnerung verharren.
Ego-Shooter auf dem DS – Wie steuert es sich?
Besonders viele DS-Vorbilder kann
Dementium nicht gehabt haben. Auf dem Nintendo Handheld ist das Genre auch heute noch sehr unterrepräsentiert. Der obere Bildschirm stellt das eigentliche Spielgeschehen dar. Sämtliche spielrelevanten Anzeigen sind hingegen auf dem unteren Screen zu finden. So bleibt der kleine DS-Bildschirm immerhin komplett für die grafische Darstellung erhalten und wird nicht durch Lebensenergieleisten oder ähnliches noch eingeschränkt. Diese befindet sich auf dem Touchfeld und wird durch eine grün-gelb-rote Darstellung eurer Herzleistung dargestellt. Weiterhin dient der untere Bildschrim der Kameraführung. Mit dem Stylus bewegt ihr euren Blick komfortabel in alle Richtungen. Dies ist zwar etwas ungewohnt, klappt nach einiger Einübungszeit ganz gut. Auch der Waffenwechsel geschieht via Touchscreen. Ganz unten befindet sich euer Inventar. Ein einfacher Klick auf das gewünschte Item und schon wechselt euer Held den Gegenstand.
Mit dem Digikreuz bewegt ihr euren Charakter, der in der 1st Person Ansicht dargestellt wird. Mittels Doppelklick legt der namenlose Protagonist noch einen Zahn zu und beginnt zu laufen: eine Option von der ihr im Laufe des Spiels doch recht häufig Gebrauch machen müsst. Insgesamt fällt die Bedienung von
Dementium erfreulich einfach aus. Im Spiel werden ansonsten nur die Schultertasten benötigt, die für den Gebrauch der zahlreichen Waffen genutzt werden. Die übrigen Buttons werden lediglich zur Menünavigation gebraucht. So sind selbst Genreneulinge schnell mit der Steuerung vertraut. Auch Linkshänder müssen nicht verzweifeln. Renegade Kid hat dem Spiel einen Linkshändermodus spendiert.
Eine Anstalt mit Eigenarten – Was gibt’s sonst noch außer Zombies?
Eine nicht zu unterschätzende Motivation zieht das Genre aus dem ständigen Aufsammeln neuer Waffen. Hier hat
Dementium seine Hausaufgaben gut erledigt. Auf dem Weg durch das Krankenhaus findet ihr immer wieder neue Möglichkeiten, euch der Monsterhorden zu erwehren. Dies beginnt beim simplen Knüppel und endet bei gewaltigen Scharfschützengewehren. Selbst Genrekenner dürften mit der Auswahl zufrieden sein, bedenkt man, dass es sich um einen DS-Titel handelt. Munition ist im Spiel – wie es sich für ein Survival Horror Game gehört – hingegen recht rar. Diesbezüglich ist
Dementium das bessere
Resident Evil. Ihr müsst euch schon genau überlegen, ob ihr den Standard-Zombie nicht doch lieber mit dem Holzknüppel vernichtet um die Munition zu sparen. Die Gegnerauswahl hingegen fällt weniger üppig aus. Zu oft schlendert hinter der nächsten Ecke der immer gleich aussehende Zombie daher. In diesem Punkt hätte Renegade Kid ruhig noch ein wenig mehr Zeit investieren können.
Insgesamt bedient
Dementium das Horror-Genre ziemlich gut. Die Gegner werden nicht über Gebühr eingesetzt, sondern euch dosiert auf den Hals gehetzt. Auch ein paar ruhigere Passagen versuchen euch in Sicherheit zu wiegen, nur um dann unerwartet zuzuschlagen. Hier spielt die musikalische Untermalung natürlich eine große Rolle. Die klavierlastigen Klänge werden gekonnt eingesetzt und verbreiten eine unheimliche Atmosphäre. Ein wenig mehr Abwechselung hätte dem Spiel zwar gut getan, trotzdem geht die auditive Seite von
Dementium voll in Ordnung. Gleiches gilt auch für die grafische Darstellung. Für die DS-Verhältnisse bewegt sich das Spiel nahe an der Grafikreferenz. Erstaunlich, dass sogar in hektischeren Szenen das Bild nicht zu Ruckeln beginnt. Hier haben die Entwickler von Renegade Kid wirklich Einiges aus dem Gerät herausgeholt. Besonders gelungen ist das Ausleuchten der Räume mit der Taschenlampe geworden.
Glücklicherweise wurde bei
Dementium nicht nur Wert auf beinharte Action und Gruselatmosphäre gelegt. Hin und wieder wurden einige nette Rätsel eingestreut. Nichts, dass euch stundenlang vor dem Bildschirm fesselt, aber immerhin eine nette Abwechselung. Passenderweise dürft ihr dazu auch den Touchpad als Notizblock verwenden. Zückt einfach im Inventar eure Schreibutensilien und schon dürft ihr eure Gedanken darin frei niederschreiben.
Für Frust dürfte allerdings das Speichersystem sorgen. Ein freies Sichern des Spielstandes ist leider nicht möglich. Zudem wurden die Checkpoints in
Dementium - Die Anstalt stellenweise recht unvorteilhaft gesetzt. Gelangt ihr nach dem Durchspielen eines Abschnitts beispielsweise zum Bossgegner und scheitert, kommt es nicht selten vor, dass ihr nahezu den kompletten Abschnitt neu starten müsst. Eine gewisse Frustresistenz solltet ihr also schon mitbringen.
Ausgezeichnet mit den folgenden GameRadio-Awards:

