Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, jedes Jahr erscheint im November der neueste Ableger des Millionensellers Call of Duty. Da im selben Monat auch die Next-Gen-Plattformen erscheinen, hat Entwickler Infinity Ward der Call of Duty-Reihe auch gleich eine neue Engine spendiert, von der man auf der aktuellen Generation aber kaum etwas merkt. Ist der x-te Aufguss des Egoshooters noch einen Blick wert oder versinkt Ghosts im CoD-Einheitsbrei?
Hund gehabt!
Normalerweise fangen Reviews an die Story des Singleplayers zu beschreiben, dann klappert man das Gameplay ab und so weiter. Da ich aber Gefahr laufe, beim Schreiben der furchtbar vorhersehbaren und langweiligen Story von
Call of Duty: Ghosts einzunicken, konzentriere ich mich lieber auf die wohl wichtigste Frage: Macht
Ghosts im Einzelspieler Spaß? Die Antwort ist: bedingt! Habt ihr bereits die letzten
CoD-Teile durchgespielt, dürft ihr mit Ausnahme von zwei Missionen nichts Neues erwarten. Okay, wäre da nicht der Hund Riley - denn der oft so verhönhte
Call of Duty-Dog ist eine echte Bereicherung. Aber um die Geschichte kurz zusammenzufassen: Böser Terroristenstaat kapert die Raumstation Odin, um die USA mit ihren eigenen Raketen in die Steinzeit zurück zu bomben. Zehn Jahre später ist es unsere Aufgabe in der Eliteeinheit der Ghosts die bösen Jungs aufzuhalten. That's it! Unser stimmenloser Held Logan ist uns genauso egal, wie unser virtueller Bruder und unser Hurra-patriotischer Vater.
Die titelgebende Eliteeinheit der Ghosts unterscheiden sich übrigens nur in einem Punkt von anderen Spezialeinheiten: sie töten und foltern aus Leidenschaft. Nach Verhöhren werden wehrlosen Soldaten die Kehlen durchgeschnitten, hier versucht Infinity Ward auf abstruste Art und Weise seine "Helden" als besonders hart zu zeichnen. Das hat aber einen gegenteiligen Effekt: nach solchen Momenten, interessieren uns die Schicksale der Ghosts einfach nicht mehr. Wenn dann mal einer unserer hirnlosen Killermaschinen gefoltert wird, lässt uns das vollständig kalt. Infinity Ward beweist einmal mehr, dass sie schlechte Geschichtenerzähler sind. Einzige positive Neuerung, neben zwei sehr gelungenen Ausflügen ins All, ist unser Hund Riley. Den können wir auf Befehl auf unsere Gegner hetzen. Via Kamera auf seinem Rücken können wir den treuen Vierbeiner sogar teils selber steuern. Aber natürlich nur, wenn uns das Spiel lässt. Denn
CoD: Ghosts ist immer noch so stringent inszeniert, dass wir meist nicht mehr als einen Meter von der vorgegebenen Route abweichen dürfen. Die typischen Wow-Momente eines
CoD - wenn alle fünf Minuten wieder mal etwas spektakulär in die Luft fliegt - bleiben aus. Das kennen wir bereits alles. Lediglich Spieler die noch nie ein
Call of Duty in den Händen hielten, dürften hier noch überrascht werden. Uns konnte nur das Setting des postapoklaptischen Amerikas überzeugen, durch das wir in der ersten Spielhälfte des rund sechstündigen Abenteuers streifen.
Eint euch Truppen
Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht über den mauen Singleplayer verlieren, sehen wir uns lieber mal das Herzstück von
Call of Duty: Ghosts, den Mehrspieler, näher an. Hier warten gleich drei Modi (Truppenmodus, Extinction und der klassische Mehrspieler) darauf, von uns entdeckt zu werden. Der Truppenmodus kann dabei als erweiterte Botschlachten angesehen werden. Mit unseren eigens erstellten Soldaten können wir so auch mit Hilfe von Freunden gegen Bots unsere Zielgenauigkeit auf die Probe stellen. Hierbei bietet der Modus erstaunlicherweise jedoch mehr als simple Mehrspielermatches mit Bots. Vielmehr gibt es auch wieder Wellenabwehr-Modi (ähnlich derer aus
Call of Duty: Modern Warfare 3), die man kooperativ angehen kann und die als willkommene Abwechslung fungieren.
Wer braucht schon Zombies, wenn er Aliens haben kann?
Entwickler Treyarch (
CoD-Teile werden im Wechsel von Infinity Ward und Treyarch entwickelt) bot schon immer die coolere Koopvariante mit dem Modus Zombies an. Infinity Ward übertrumpft mit Extinction nun aber die Entwicklerkollegen. Unsere Aufgabe ist es insgesamt 14 Aliennester mit einem Bohrer oder teils einem Helikopter zu zerstören. Dabei ist echtes Teamplay gefragt. Schon vor dem Match gilt es unseren Vier-Mann-Trupp aufeinander abzustimmen. Denn genauso wie im Multiplayer-Modus steigen wir in Extinction nach und nach auf und schalten neue Extras und Waffen frei. Für die typische
Call of Duty-Suchtspirale ist also auch hier gesorgt.
Haben wir eine ausgewogene Mischung an Soldaten erstellt, geht es auch schon los. Wir schleppen den Bohrer zum ersten Aliennest und aktivieren ihn. Anschließend strömen Horden von Aliens auf uns zu. Netterweise haben die Entwickler bei dem coolen Aliendesigns auch nicht vergessen gelb leuchtende Stellen einzubauen, jeder Shooterspieler dürfte wissen wohin man zielen sollte. Die Alienhatz wird mit der Zeit natürlich immer kniffliger und so rüsten wir mit verdienten Punkten, die man unter anderem durch Aufgaben wie "Haltet eure Präzision bei über 50%" unsere Fähigkeiten auf. So können Medics schneller Verwundete heilen, Panzer (so heisst der Klassentyp) mehr Schaden aushalten oder aber man kann nun zwei statt ein Automatikgeschütz aufstellen, das uns den Rücken frei hält. Pro abgemurksten Alien gibt es zudem Bares, das wir in neue Waffen die auf der Karte herum liegen investieren können. Im Gegensatz zum angesprochenen Zombies-Modus kann man Extinction auch durchspielen. Das ganze dauert für geübte Spieler etwa eine Spielstunde. Durch das motivierende Aufleveln, wird es aber nicht bei nur einer Runde bleiben. Schade ist indessen, dass es bisher nur eine spielbare Karte gibt, hier wird Infinity Ward sicher noch per DLC nachlegen. Wir freuen uns darauf!
Schneller sterben mit Call of Duty: Ghosts!
Auch der klassische Mehrspieler lässt uns den trögen Einzelspieler schnell wieder vergessen. Das aus
Call of Duty: Black Ops 2 bekannte Create-a-Class-System wurde noch einmal deutlich aufgewertet, und damit meinen wir nicht, dass wir nun sogar unser Aussehen sowie Geschlecht festlegen können. So dürfen wir nun aus 35 unterschiedlichen Perks wählen. Jedes Extra verbraucht, je nach Nützlichkeit unterschiedlich viele Punkte, von denen wir nur acht Stück zum Einsatz haben. Entfernen wir aber zum Beispiel unsere Sekundärwaffe können wir wieder einen Punkt mehr investieren. Die meisten Extras, beispielsweise Fingerfertigkeit zum schnelleren Nachladen, kennen wir bereits aus den Vorgängern, es gibt aber auch viele nützliche Neuheiten, die man zu Beginn schnell übersieht. So können wir unter anderem den Todesort unserer Feinde verdecken, so dass geübte Spieler nicht wissen, von wo aus wir zuschlagen.
Neben dem bis dato besten Klassensystem eines
Call of Duty-Teils bietet
Ghosts nun extrem weitläufige dynamische Karten an. Die Größe der Karten dürfte jedoch eher auf die Next-Gen-Varianten zugeschnitten sein, bei denen man in 9-gegen-9-Kämpfen antritt; Current-Gen-Konsolen müssen sich mit 6-gegen-6-Scharmützeln begnügen. Die im Vorfeld so stark angepriesen dynamischen Karten äußern sich entweder durch Map-Events - so lässt sich die Karte Strikezone durch einen atombombenähnlichen sogenannten KEM-Strike in Schutt und Asche zerlegen - oder aber durch gewisse zerstörbare Elemente, zum Beispiel die Tankstelle auf der Karte Octane. Solche Elemente bereichern den Mehrspieler, dürfen in künftigen DLCs aber auch gerne stärker ausgeprägt sein. Ebenfalls überzeugt hat uns das System, wie man neuerdings an Vorratspakete kommt. Derjenige der zuerst stirbt, hinterlässt einen blauen Aktenkoffer. Sobald man diesen einsammelt erhält man Feldbefehle, wie: töte drei Gegner ohne zu sterben. Werden dies anschließend ausgeführt erhält man Vorräte sowie einen Truppenpunkt.
Diese Truppenpunkte sind auch gleich die nächste sinnvolle Neuerung, denn sie stellen sicher, dass auch Einsteiger Zugang zu jeglicher Ausrüstung erhalten. Mit ausreichend vielen Truppenpunkten, lässt sich nämlich alles von Beginn an freischalten. Neben solchen Komfort-Neuerungen gibt es aber auch noch eine entscheidende Änderung im Gameplay. Wir sterben unfassbar schnell, innerhalb weniger Millisekunden. Das erfordert einiges an Umstellung. Oft schaffen wir es bei Beschuss nicht mehr um die rettende Ecke. Befindet sich der Gegner in unserem Rücken, ist eine Konterreaktion nahezu ausgeschlossen. Hat man sich aber erstmal darauf eingestellt, erhält man ein insgesamt runderes Mehrspielerpaket, als dies zuletzt bei
Black Ops 2 der Fall war, das obendrein mit tollen neuen Modi überrascht wie Suchen & Retten (eine Mischung aus Abschuss bestätigt und Suchen & Zerstören).
Rattarattatttadada
Während man die angespriesene neue Engine in grafischer Hinsicht auf Xbox 360 und PlayStation 3 kaum bemerkt, macht
Call of Duty: Ghosts einen deutlich Schritt im Soundbereich nach vorne. So macht es nun endlich einen Unterschied ob man eine Waffe einem Raum oder Außenbereich abfeuert. Selbst Patronenhülsen hört man nun einzeln auf den Boden fallen, das sorgt für mehr Atmosphäre und Glaubwürdikeit. Dennoch ist man bei den Soundeffekten noch weit von einem
Battlefield 4 entfernt. Während der Score gewohnt pompös und episch daher kommt, ohne jedoch im Gedächtnis hängen zu bleiben, ist die deutsche Synchronisation mal wieder grauenhaft. Die Sprecher gehen dermaßen unmotiviert ans Werk, das dies dem ohnehin schon mittelmäßigen Singleplayer-Erlebniss zusätzlich schadet. Grafisch hat man noch immer mit Matschtexturen zu kämpfen. Erstaunlicherweise sehen die Charaktermodelle schlechter als in
Call of Duty: Black Ops 2 aus. Jetzt gilt es die Next-Gen Versionen abzuwarten, auch wenn unsere Hoffnung gering ist, dass
Call of Duty: Ghosts hier Bäume ausreißen wird.
Ausgezeichnet mit den folgenden GameRadio-Awards:
