Konamis Entscheidung, die Castlevania-Serie einer Frischzellenkur zu unterziehen, löste in der Fangemeinschaft eher verhaltene Reaktionen aus. Das traditionelle „Metroidvania“-Gameplay ist weitestgehend der Schere zum Opfer gefallen. Stattdessen erhielt Castlevania mit »Lords of Shadow eine moderne, actionreiche Ausrichtung im Stile eines God of War. Der Plan ging für Konami auf, da das Spiel zu einem erfolgreichen und gelungenen Neustart der Serie geworden ist. Und auch wenn alteingesessene Fans wieder übergangen werden: Mirror of Fate, das neue 2D-Action-Adventure für den Nintendo 3DS, setzt den eingeschlagenen Weg des Reboots fort.
Dracula vs. Belmont
Lords of Shadow aus dem Jahr 2010 erzählte die Vorgeschichte zu Dracula und gab einen Einblick in seine Entstehungsgeschichte. Für Entwickler MercurySteam bildet
Castlevania: Lords of Shadow - Mirror of Fate, so der vollständige Name des Spiels, das Bindeglied zwischen
Lords of Shadow und dem angekündigten Nachfolger. Diese drei Teile bilden damit die Trilogie der MercurySteam-Neuinterpretation. Der 3DS-Ableger setzt etwa 25 Jahren nach den Ereignissen des Vorgängers an und behandelt den Kampf zwischen Dracula und den Belmonts. Im Laufe des Spiels könnt ihr zu verschiedenen Epochen die Rolle von vier Charakteren übernehmen, darunter Simon Belmont, Trevor Belmont und Alucard.
Wer denkt, dass
Mirror of Fate als Handheld-Ableger in die Fußstapfen der Klassiker
Dawn of Sorrow oder
Portrait of Ruin tritt, wird vom Endprodukt überrascht sein. Denn in Sachen Präsentation und Kampfsystem orientiert sich das 3DS-Spiel eindeutig an seinem großen Bruder
Lords of Shadow. Immerhin die 2D-Seitenansicht ist noch geblieben und auch das titelgebende Schloss wird wie in den alten Teilen den Hauptschauplatz des Titels ausmachen. Euch stellen sich zudem die altbekannten Gegner in den Weg. Seien es Skelettkrieger oder riesige Fledermäuse, die Gegnervielfalt richtet sich eindeutig an den vergangenen Teilen der
Castlevania-Reihe aus. In Bezug auf das Kampfsystem sieht die Sache schon anders aus. Einfache Schläge aus der Distanz führen nicht mehr so leicht zum Sieg. Mittlerweile haben die Feinde gelernt, wie man Angriffe abwehren und den eigenen Block durchbrechen kann. Damit stellen auch Standardgegner eine ernstzunehmende Gefahr für den Energiebalken dar. Anstatt also wie wild auf die Angriffstaste zu hämmern, solltet ihr lieber auf das richtige Timing achten. Wenn ihr einen Schlag im richtigen Moment mit einem Block kontert, steht der Gegner kurzzeitig ohne Deckung da.
Mirror of Fate verlangt euch damit stetige Konzentration ab, so dass die Hardcore-Spieler wieder am ehesten angesprochen werden.
Die Zwischen- und Endbosse laufen nach einem ähnlichen Kampfschema ab. Da viele der starken Attacken aber nicht geblockt werden können, müsst ihr euch auf Ausweichrollen verlassen. Hier gilt es besonders, die Angriffsmuster des Bosses zu lernen und zu durchschauen. Wenn der richtige Moment abgepasst ist, könnt ihr unbeschadet zum Angriff ansetzen. Daraus ergibt sich eine spannende Dynamik aus Timing, Abwarten und Ausweichen. Wenn der Gegner zu blinken beginnt, kann über die Schultertaste ein Finishing-Move ausgeführt werden. In einer gezoomten Animation wird dann der Feind endgültig ins Jenseits geschickt. Eine weitere Anbiederung an das Gameplay der heutigen Action-Adventure ist der Einsatz von Quick-Time-Events. Diese sind zum Glück nur selten vorhanden und tauchen nur dann auf, wenn ihr von einem Gegner in den Schwitzkasten genommen werdet. Mit der Dämonen-Energie, die für erhöhten Schaden bei Angriffen sorgt, kehrt noch ein Feature des großen Vorgängers zurück.
Springen, nicht rätseln
Neben den Kämpfen machen die Jump'n'Run-Passagen den anderen Hauptteil des Spiels aus. Meistens müsst ihr einen Schalter aktivieren, der sich ziemlich „unvorteilhaft“ mehrere Stockwerke entfernt befindet. Dank Doppelsprung und Peitsche könnt ihr aber auch abgelegene Orte erreichen. Auch hier bestimmt das richtige Timing über Leben und Tod. Automatische Sprünge wie in der
Uncharted-Serie wird es nicht geben. Ein Glück, dass die Steuerung bereits in der Vorschau-Fassung tadellos funktioniert und genaueste Sprünge ermöglicht. Der Rätselanteil fällt im Spiel leider nicht sehr groß aus. Entwickler MercuryTeam legt mehr Wert auf Kämpfe und Plattformer-Passagen und beschreibt die vorkommenden Rätsel eher als „environmental“. Dies bedeutet, dass die Umgebung einbezogen wird. In einem konkreten Fall geht es etwa darum, eine versperrte Tür zu umgehen oder innerhalb einer vorgegebenen Zeit die schnellste Route zum Ausgang zu finden. Anspruchsvolle Rätselfüchse gehen dabei leer aus.
Grafisch macht
Mirror of Fate eine erstaunlich gute Figur auf dem 3DS. Die Spritegrafik der Vorgänger gehört der Vergangenheit an, stattdessen werden Level und Charaktere vollkommen als dreidimensionale Objekte dargestellt. Die 2D-Perspektive bleibt aber erhalten, so dass man von einem 2,5D-Adventure wie bei
Viewtiful Joe oder
Shadow Complex sprechen kann. An bestimmten Stellen ändert sich der Kamerawinkel, um wichtige Gebäude oder Objekte hervorzuheben. Kameraschwenks und Nahaufnahmen sorgen in regelmäßigen Abständen für optische Abwechslung. Besonders die Charaktermodelle sind detailliert dargestellt und haben gelungene Animationen. Die Fackeln an den Gemäuern des Schlosses tragen dank ihrer stimmige Beleuchtung viel zur Atmosphäre des Spiels bei.
Der 3D-Effekt beim Nintendo 3DS darf natürlich nicht unerwähnt bleiben. Der Schauwert wird bei
Mirror of Fate dadurch auf jeden Fall erhöht. Dank der 2D-Perspektive kann der Entwickler mehrere Ebenen im Hintergrund platzieren, die sich deutlich von dem Spielgeschehen abheben und so für eine gute Tiefenwirkung sorgen. Hinzu kommen nette Details, wie zum Beispiel ein zerbrochenen Fenster, das einen Blick auf einen Hinterhof freigibt. Der optisch ansprechende 3D-Effekt hat jedoch keine spielerischen Auswirkungen. Enttäuschend ist der Einsatz des unteren Bildschirms. Lediglich eine grobe Karte der Spielwelt ist zu sehen. Markierte Ziele erleichtern den Überblick, aber darüber hinaus werden keine anderen Informationen darauf vermerkt. Eingaben über Touchscreen sind auch nicht möglich. Auf musikalischer Seite erklingen orchestrale Stücke, die von dem
Lords of Shadow-Komponisten stammen. Damit dürfte für eine epische Untermalung gesorgt sein. Doch auch in die Zwischensequenzen wird viel Arbeit reingesteckt. So leiht Schauspieler Richard Madden, bekannt als Robb Stark aus der HBO-Serie
Game of Thrones, einem der Charaktere seine markante Stimme.